Der Abschied von der Carretera
Austral fiel uns nicht leicht, aber das Ziel ist nach wie vor Feuerland und das
Fin del Mundo. Bis es soweit war, lagen aber noch ein paar Kleinigkeiten wie
der Fitz Roy, der Perito Moreno und der Torres del Paine Nationalpark auf dem
Weg und wollten erwandert bzw. bestaunt werden. Diese Highlights hatten wir
bereits vor einigen Jahren als Backpacker bereist und waren gespannt, wie das
mit dem Dicken im Rucksack so klappt.
Von Chilechico ging es also
erstmal über die Grenze nach Argentinien und anschließend schnurstracks auf
gutem Asphalt durch steppenartige Landschaft gen Süden. Ziel war der Fitz Roy
nahe El Chaltén. Mit einer Übernachtung an einer ganz netten Lagune kamen wir
nach zwei Fahrtagen dort an. Auf diesem Streckenabschnitt hat der patagonische
Wind seinem Ruf alle Ehre gemacht. Als Norddeutsche kennen wir uns mit Wind ja
eigentlich ganz gut aus, aber hier im südlichen Patagonien ist das teilweise
schon ganz ordentlich. So haben wir z.B. auf der ca.90km langen Stichstraße nach
El Chaltén zwei völlig verzweifelte Radfahrer getroffen, die eine
Mitfahrgelegenheit brauchten, da Radfahren wirklich unmöglich schien. Von
diesen „Fahrradreisenden“ haben wir auf der Carretera bereits unzählige
getroffen, aber wer es hier unten im südlichen Patagonien als Fahrradfahrer mit
dem Wind aufnimmt hat schon etwas Respekt verdient. Jeden Tag aufs neue gegen
den Wind anzukämpfen und bei Gegenwind oft nur einen gutgemeinten 5km/h Schnitt
zu schaffen zerrt schon ordentlich an den Kräften und Nerven. Dabei die
Hoffnung das allgegenwärtige Rauschen des Windes irgendwann wieder aus den
Ohren zu kriegen und allabendlich ein zumindest etwas windgeschütztes Plätzchen
fürs Zelt zu finden... Hut ab.
Eine Sache die wir hier aber
wirklich ätzend fanden, waren die vielen Vicuñas, die alle paar hundert Meter
tot über dem Zaun hingen. Zum Verständnis sei gesagt, dass die Straßen hier
über hunderte Kilometer komplett eingezäunt sind. Die Zäune sind vielleicht
einen guten Meter hoch und bestehen aus Holzlatten, Drahtrolle und oben
Stacheldraht. Wenn die Vicuñaherden die Straße queren, müssen sie also zwei
dieser Zäune überspringen, was die Jungtiere oft nicht schaffen und sich im
Stacheldraht verfangen. Da diese Zäune zu niedrig sind um eine Koppel zu
begrenzen und ja auch keine Einbrecher abwehren sollen, macht Stacheldraht in
unseren Augen keinen Sinn. Auf jeden Fall war Runa quasi in erhöhter
Bereitschaft um eines der Tiere falls erforderlich.
El Chalten war gewohnt „busy“ und
wir haben uns entschieden außerhalb des Ortes an dem zweiten Trailhead zu Fitz
Roy zu campieren. Von dort ging es am nächsten Tag los zur Laguna de los Tres,
dem Mirador für den Fitz Roy. Man sagt es gäbe Dinge, die wenn man sie das
zweite Mal sieht oder tut nicht mehr an den Glanz des ersten Males herankommen
– nicht so der Fitz Roy. Majestätisch und schön wie eh und je thronte er bei
Königswetter über der Laguna de los Tres. Nur der steile Anstieg zum Mirador mit dem kleinen Reiter in
seiner Kraxe (wiehern findet er im Moment ziemlich Klasse und will einen damit
zum Laufschritt antreiben) hatte es ordentlich in sich.
Am nächsten Tag wollten wir zur
Laguna Torre wandern, was wir aber aufgrund des Regens nach einer Stunde
abbrachen. Daher ging es also erst am übernächsten Tag dorthin, was sich
wirklich gelohnt hat, da wir sie im Gegensatz zum Fitz Roy beim letzten Mal
nicht erwandert hatten. Anschließend hatten wir außer der Eisdiele im Ort auch
nichts weiter auf dem Zettel, weshalb wir nach vier Tagen weiter südwärts zum
Perito Moreno fuhren.
Ausgangsort für einen Besuch des Perito
Moreno Gletschers ist der Ort Calafate. Eigentlich ein ganz netter touristisch
geprägter und daher sicher wohlhabenderer Ort, jedoch bekommt man hier die
argentinische Wirtschaftskrise schon deutlich zu spüren. Das beginnt beim
Tanken... Haben wir uns zunächst noch gefragt, was die ewig langen
Fahrzeugschlangen im Ort zu bedeuten haben, wurde wenig später klar, dass die
Leute für Benzin an den beiden Tankstellen im Ort anstehen. Hat mich als Ossi
ja direkt an Laster mit den Apfelsinen vor Weihnachten erinnert. Genau so
scheint das hier auch zu laufen. Jemand sieht den Tanklaster in den Ort fahren
und vom Buschfunk getrieben fahren alle zur Tankstelle und reihen sich brav
ein. Gut das es für Diesel eine extra Schlange gab die deutlich kürzer war.
Aber auch einfache Dinge wie Geldabheben hat hier, selbst nachdem wir alle
Automaten abgeklappert hatten, nicht funktioniert. Gut, dass wir noch Dollars
gebunkert hatten.
Von Calafate ist es noch etwa 1
Stunde Fahrt zum Perito Moreno. Wir waren sehr gespannt, ob der Gletscher sich
seit unserem Besuch vor vier Jahren verändert hat (in Zeiten des
allgegenwärtigen Klimawandels) und das Schöne war: Er hat sich nicht verändert,
da er zu den wenigen noch gesunden Gletschern gehört, die sich nicht
zurückziehen oder sogar noch wachsen. Wie beeindruckend der Perito Moreno ist
zeigt sich deutlich in seinen Eckdaten - knapp 5km breit, ca. 55m hoch und etwa
14km lang. Die Krönung eines Besuches hier ist es, vielleicht ein besonders
großes Stück des Gletschers kalben zu sehen. Hierzu bedarf es aber schon etwas
Geduld. Wir hatten Glück und haben diesmal einen wirklich großen Brocken kalben
sehen, waren aber leider mit der Kamera etwas zu langsam.
Nach dem Besuch am Perito Moreno
ging es am nächsten Tag wieder über die Grenze nach Puerto Natales/Chile. Hier
wollten wir uns für einen längeren Aufenthalt im Torres del Paine Nationalpark
mit Lebensmitteln versorgen. Als Zugabe gab es dann auch noch die erste warme
Dusche seit einigen Wochen. Das war zwar deutlich kein Spa (Tankstellendusche
im Ort), aber die letzte heiße Dusche hatten wir noch vor Puerto Mont und auch
wenn kalt duschen/baden abhärtet und das Immunsystem stärkt, ist man irgendwann
auch hart und immun genug ;). Nur Loris hat bei uns den Luxus warmer Bäder, da
er als einziger in unsere große Salatschüssel passt und die sich ganz gut mit
dem Teekessel temperieren lässt.
Frisch geduscht und randvoll mit
Futter ging es also auf Richtung Torres del Paine Nationalpark. Der Wind hatte
inzwischen ordentlich aufgefrischt und es begann zu regnen. Am
Nationalparkeingang war dann leider Schluss für diesen Tag. Die Straße war
gesperrt, da ein Reisebus bei dem inzwischen 110km/h Wind – in Böen sogar bis
150km/h – umgekippt ist und die Straße gesperrt war. Also haben wir direkt am
Eingang geschlafen und sind erst am nächsten Morgen in den Park gefahren. Da
das Wetter leider nicht besser wurde, haben wir den Tag zum Großteil im Auto
verbringen müssen. Zwei Tage später herrschte dann allerdings Königswetter, was
wir für eine Wanderung zum Grey Glacier genutzt haben. Da man hierbei auf eine
Fähre angewiesen ist, wurde es am Ende eine wirklich langer Tag, da wir erst
gegen 19:30 Uhr zurück am Auto waren. Ein Highlight war es für uns aber auf
jeden Fall, da der Nationalpark, als wir vor 4 Jahren mit Zelt und Rucksack
hier unterwegs waren, aufgrund von Feuern in diesem Teil gesperrt war. Dafür
hatten wir damals die Torres zum Sonnenaufgang gesehen – diesmal mit dem Dicken
undenkbar. Also ging es tags drauf vom Parkplatz des Refugios Las Torres los.
Da das Wetter an diesem Tag nicht so mitspielte und der Mirador für die Torres
gesperrt wurde, schafften wir es aber nur bis zum Refugio Chileno (einer Hütte
auf etwa halbem Wege)... Mist! Da wussten wir aber noch nicht, dass wir
zweieinhalb Wochen später noch einen zweiten Versuch starten und dabei gutes
Wetter haben würden. Daher ging es zunächst, nach sechs Tagen im Nationalpark,
weiter südwärts nach Punta Arenas.
Dort hatten wir verschiedene
Dinge zu erledigen und waren am Ende drei Tage dort. Genug Zeit um die Stadt zu
erbummeln und die Freihandelszone am Nordrand des Ortes zu erkunden (lohnt
nicht). Übernachtet haben wir auf einem netten Wildcamp außerhalb des Ortes
direkt an der Magellanstraße. Von hier aus konnte man auch wieder Delphine beobachten,
was Runa ohnehin stundenlang tun könnte.
Nach Feuerland kommt man nur
mittels einer Fähre durch die Magellanstraße. Wir haben uns für die Fähre bei
Punta Delgada entschieden, weil sie einfach erheblich günstiger als die Fähre
von Punta Arenas aus war. Dort kamen wir erst abends an und warteten am
Fähranleger noch eine Viertelstunde bis wir aufs Boot konnten. Die Überfahrt
dauert hier nur etwa 30 Minuten und dann liegt es vor einem, karg und windig in
der untergehenden Sonne – Tierra del Fuego/Feuerland. Von hier aus brauchten
wir noch zwei Tage bis nach Ushuaia – der südlichsten Stadt der Welt. Die
Landschaft wechselt hier von zunächst flach und karg hin zu schneebedeckten
Bergen und Wäldern im Süden Feuerlands.
Und dann war es soweit, das FIN
DEL MUNDO – das ENDE DER WELT – lag vor uns. Nach 53.369 km erreichen wir den
südlichsten Punkt unserer Reise. Anvisiert – Treffer – Versenkt. Viele Monate
sind wir immer nur südwärts von Alaska bis hierher gefahren und am Ende liegt
es dann doch irgendwie unverhofft vor einem - das Ziel dieser langen Reise. Ein
bisschen sind wir auch stolz auf uns es geschafft zu haben – nicht jeder fährt
mit einem fünf Monate alten Baby eine solche Route. Zur Feier des Tages haben
wir uns unser erstes Hotelzimmer seit Monaten gegönnt. Wäre auch ganz entspannt
gewesen, wenn Lo the Warrior King nicht die halbe Bude wie ein Rockstar auf
Koks auseinandergenommen hätte. Abends, als der Dicke dann endlich schlief,
standen wir am Fenster und schauten mit einem Glas Wein in der Hand runter in
den Vorhof auf unseren Sprinter. Da stand er - die treue Seele, als wollte er
uns sagen: Ich hab’s euch ja gesagt, wärt ihr mal besser bei mir geblieben. Und
tatsächlich funktioniert unser täglicher Ablauf im Sprinter inzwischen einfach
besser als in einem Hotelzimmer.
In Ushuaia haben wir auch Ronny
und Tri, die wir zuletzt in Kolumbien gesehen hatten, und Fin und Lisa wieder
getroffen und mit ersteren noch einen netten Abend verbracht. Obwohl Lo die
beiden ein paar Monate nicht gesehen hat ist er mit ihnen auf Anhieb wieder
Doppelklippo gewesen. Da waren Mama und Papa direkt mal raus.
Die weitere Taktik von Ushuaia
aus wird der geordnete Rückzug sein, da es von nun an nur noch nordwärts bis
nach Montevideo/Uruquay geht. Von dort werden wir unseren Sprinter wieder nach
Hause einschiffen. Wir haben uns entschieden auf dem Weg nach Norden nicht den kürzesten Weg an der argentinischen Atlantikküste entlang zu nehmen,
sondern auf einem Cargo Schiff von Puerto Natales nach Puerto Mont durch die
patagonischen Fjorde mit zu fahren und anschließend noch die argentinischen
Seen um Bariloche und San Martin de los Andes zu erobern. Klingt doch nach
einem Plan...
Ein besseren Titel als mit eigenen Augen, hätte man wohl kaum wählen können. Euer Bericht über Euren Trip nach Feuerland ist einfach nur genial. Leider kann ich das alles nicht mit eigenen Augen betrachten, daher erfreue ich mich an Euren Bildern
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