Carre... was??? Carretera Austral
– die Straße schlechthin in Chile. Für die meisten Chilenen endet Chile gen
Süden hinter Puerto Montt - die
Carretera Austral beginnt hier allerdings erst. In Zahlen sind das 1200 km
durch Patagonien inmitten feinster Natur. Hier hatten wir die schönsten
Stellplätze unserer gesamten Reise und haben am Ende mehr Zeit verbummelt als
ursprünglich geplant.
Start war Puerto Montt, wo Lo mal
wieder ordentlich neue Klamotten abgestaubt hat. Die Vorräte waren randvoll
gepackt, der Tank und beide Reservekanister voll... worauf also warten. Zu
diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass die kostenlose heiße Dusche, die
wir kurz vor Puerto Montt auf einer Raststätte hatten, die letzte richtige
Dusche für die nächsten Wochen sein würde (ein Hoch auf die vielen Seen, Flüsse
und natürlich unsere Außendusche). Die Eitelkeit lässt hier schon ordentlich
nach. Wir haben auf dieser Reise seit eh und je nur einen kleinen Handspiegel
dabei und an manchen Tagen schauen wir nicht mal rein. Sogar die Haare habe ich
mir hier selbst geschnitten und fand’s gar nicht mal so übel. Aber von vorn.
Bis man so richtig weg vom
Fenster ist bedarf es zweier Fähren. Die erste Fähre gondelt einen in etwa 20
Minuten von La Arena nach Caleta Puelche. Von dort ist es dann noch etwa 1
Stunde auf einer eher besseren Schotterpiste bis nach Hornopirèn. Hier kamen
wir erst spät am Abend an und reihten uns, da wir keine Reservierung hatten, in
die bereits 150m lange Warteschlange am Fährterminal ein. Hier verbrachten wir
auch die Nacht und hofften auf eine der beiden Fähren am nächsten Vormittag.
Bei der zweiten Fähre klappte es dann auch und es ging 5 Stunden durch die
Fjorde nach Galeta Gonzalo. Hier begann unser Abenteuer Carretera Austral
anschließend erst so richtig. Die erste Nacht verbrachten wir an einem Fjord
nördlich von Chaitèn.
Hier passiert es dann: Nach fast
50tsd Kilometern auf und neben der Panamericana stand der erste Reifenwechsel
an, da wir uns beim Rangieren auf unserem Stellplatz einen spitzen Stein in den
Reifen gefahren hatten. Binnen weniger Minuten war der Reifen komplett platt.
Da unser Ersatzrad nur in plattem Zustand in die Reserveradhalterung passt,
wollte ich es nun mit dem Kompressor aufpumpen, was leider nicht funktionierte.
Also Ersatzrad auf die Schulter und zurück zur Straße. Hier wurde die
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Chilenen und Argentinier überdeutlich.
Direkt das erste Fahrzeug hielt und nahm mich mit bis nach Chaitèn. Hier wollte
ich den Reifen an der einzigen winzigen Tankstelle im Ort aufpumpen, was
natürlich auch nicht funktionierte. Direkt neben mir stand ein Pickup mit drei
Argentiniern, die es sich nicht nehmen ließen mir zu helfen. Am Ende fuhren wir
zusammen zum einzigen Reifenflicker im Ort und anschließend sogar wieder zurück
zu unserem Stellplatz am Fjord. Ein großes Dankeschön an die Jungs... auch wenn
ihr bei der WM nur zweiter wurdet – für mich seid ihr ganz vorn ;). Auf der
Fahrt haben sie mich gefragt wie ich Messie finden würde. Ich weiß nicht ob es
die Top Antwort war, aber ich sagte, das ich den Klasse finde und wie sie
wohl Götze fänden. Der Applaus viel allerdings nur sehr verhalten aus ;).
Zurück am Stellplatz war das Rad schnell gewechselt. Höchste Zeit eine Feuerstelle zu bauen und Holz zu sammeln. Danach wurde es dann fast schon kitschig. Sonnenuntergang über dem Fjord – gegenüber der schneebedeckte Vulkan Corcovado, bestimmt ein Dutzend Delfine zum Teil wenige Meter vor dem Ufer und unzählige Seehunde bei der Jagd. Dazu ein schönes Feuer – soviel Wein kann kein Mensch trinken wie Patagonien schön ist.
Am nächsten Morgen ging es dann
mit dem defekten Reifen nach Chaitèn zum besagten Reifenflicker. Dieser konnte
den Reifen für umgerechnet 5 EUR flicken – „NO PROBLEMO“.
Zu Chaitèn und dem gleichnamigen
neben dem Ort gelegenen Vulkan gibt es noch eine kleine Geschichte. Dieser
vergleichsweise kleine und unscheinbare Vulkan hat 2008/09 fast den gesamten
Flugverkehr in Südamerika lahmgelegt und den kompletten Ort zerstört, was tausende
Rinder das Leben kostete. Aus diesem Grund sollte der Ort eigentlich
umgesiedelt werden, wogegen jedoch starker Protest entbrannte. Erwähnenswert ist
dies insbesondere, da dieser Vulkan bis zum Ausbruch nicht in der Liste der 125
in Chile überwachten Vulkane auftauchte.
Für uns ging es weiter südwärts
bis zum Lago Rosselot nahe des Ortes La Junta. Absoluter Traumspot direkt am
Seeufer – Feuerholz bis zum Abwinken. Wenn das so weiter geht kriegen wir hier
ein echtes Alkoholproblem ;). Aber Spaß beiseite, wer uns kennt der weiß, dass
wir Sportskanonen durch und durch sind und sehr auf unsere Ernährung achten.
Aber was wir hier auf’s Leben angestoßen haben sucht schon seinesgleichen. Runa
bekocht ihre Männer hervorragend - immer mit reichlich Knoblauch und der dicke
Stammhalter erweitert seine Liste der bebadeten Seen und Flüsse ;). Auch hier,
am Lago Rosselot haben wir nicht widerstehen können und sind noch einen Tag
länger geblieben.
Am darauffolgenden Tag ging es in
den Nationalpark Venitsquero Colgante, wo wir einen Trail zu einem Gletscher
gelaufen sind. Ziemlich schweißtreibende Angelegenheit mit dem Dicken bergauf,
aber deutlich sehenswert. Unser Nachtquartier haben wir anschließend direkt an
einem Fluss etwas südlich davon bezogen. Nächstes Ziel war Puerto Chacabuco,
malerisch an einem Fjord gelegen. Eigentlich wollten wir hier auch die Nacht
verbringen, fanden aber irgendwie keinen geeigneten Stellplatz. Dafür gab es
hier die wohl billigste Tankstelle auf der Careterra Austral mit 425 Pesos/Liter
(ca. 55 Cent).
Genächtigt haben wir dann wieder
an einem Fluss bevor es am nächsten Tag über Coyhaique in den Nationalpark
Cerro Castillo ging. Hier stand die Besteigung eines Miradors für den Cerro
Castillo an einer Lagune an. In Zahlen waren das 1000 Höhenmeter verteilt auf
8km. Zügig gegangen sind das 1:30h rauf und 50 Minuten wieder runter – die
Ausblicke waren grandios. Über der Lagune sieht man einen hängenden Gletscher
unter dem Cerro Castillo und hat überdies Wahnsinnsausblicke über das Tal. Wir
sind sehr froh, dass es hier Natur nicht nur zum angucken, sondern auch zum
„Anfassen“ gibt. Geschlafen haben wir anschließend auf einem Pass, was keine so
sonderlich gute Idee war, da die Wolken hier fest hingen und es ständig
regnete. Dafür gab es dort einen eigenen namenlosen Wasserfall und die kälteste
Nacht seit langem.
Nächstes Tagesziel war der Ort
Puerto Rio Tranquilo am Lago General Carrera. Hier wollten wir die nahen
Marmorhöhlen von der Wasserseite aus besichtigen. Übernachtet haben wir daher
direkt am Seeufer des Ortes, wie viele andere auch. Am nächsten Morgen ging es
dann mit dem Boot los. Hier hat sich deutlich gezeigt, dass Loris ein echter
Hanseat ist. Umweltsicher hat er dem Steuermann den besten Weg durchs feuchte
Nass gezeigt und keinen Zweifel an seinen Führungsqualitäten aufkommen lassen,
welche durch seine Schwimmweste noch unterstrichen wurden ;). Die Marmorhöhlen
am Seeufer des Lago General Carrera selbst waren sehr beeindruckend,
insbesondere da man in einige mit dem Boot auch hineinfahren konnte.
Da der Tag im Anschluss an die
Bootstour noch jung war fuhren wir noch südwärts an den Rio Baker um dort unser
nächstes Nachtlager zu beziehen. Auch hier waren die Tagesdistanzen nicht sehr
groß, dafür aber auf schlechter Piste zurückzulegen. Am Rio Baker gab es dann
wieder alles was man braucht. Wasser, Feuerholz und eine kleine Wiese für
Loris. Klar, dass es am nächsten Morgen noch die Spezial Nutella/Bananen
Pfannkuchen gab, mit denen ich Runa schon einst um den Finger gewickelt hatte
;).
Von hier aus neigte sich das
Abenteuer Careterra Austral langsam dem Ende zu. Zur Wahl standen zwei
Grenzübergänge nach Argentinien, wobei wir uns für den Grenzübergang bei Chile
Chico entschieden haben. Der Weg dorthin führt entlang des Lago General Carrera
mit tollen Ausblicken auf schneebedeckte Berge. Zufällig kamen wir an einer
Veranstaltung vorbei, wo junge Gauchos ihr Talent auf wilden Pferden beweisen
mussten. Das war wirklich Klasse. Weit und breit keine Touristen und eine
„patagonische“ Band, die für die musikalische Untermalung sorgte. Als
„Schiedsrichter“ fungierten ältere Gauchos, die in toller Tracht und voller
Stolz diese Tradition und Lebensweise zur Schau trugen. Stundenlang haben wir
hier zugesehen und hätten es am Ende noch viel länger tun können. Einen
Stellplatz fanden wir später direkt am Ufer des Lago Grande und genossen unser
letztes Lagerfeuer auf der Careterra Austral, da am nächsten Tag der
Grenzwechsel nach Argentinien anstand.
Was soll man zur Carretera Austral
groß sagen? Für uns waren die knapp zwei Wochen hier ein absolutes Highlight
gleich dem Salar de Uyuni. Ein Alkoholproblem haben wir Gott sei Dank nicht
bekommen, aber süchtig macht diese Straße schon. Patagonien erinnert uns mit
seiner Freiheit und Leichtigkeit sehr an Alaska und ist sicher so wie Kanada
gern wäre. Wir hätten die gleiche Strecke auch wieder zurück fahren können, so
gut hat es uns hier gefallen. Was gibt’s da mehr zu sagen... Das Ganze ist
dringend zur Nachahmung empfohlen. Für uns geht es nun weiter durchs südliche
Patagonien zunächst nach El Chalten zum Fitz Roy, bevor es dann über den Perito
Moreno und den Torres del Paine NP nach Tierra del Fuego (Feuerland) ans Fin
del Mundo – DAS ENDE DER WELT – geht. Es wird also nicht langweilig... so long.